Oliver Schäfer | Sophie Scholl Portrait & Making of Video

Im Jahr 2016 habe ich damit begonnen, Porträts furchtloser Frauen zu malen. Frauen, die mit dem was sie gesagt oder getan haben, die Welt veränderten. Meine Porträts sollen dafür sorgen, dass wir diese Frauen und deren Taten niemals vergessen. So entschied ich mich 2017 dazu, ein Porträt von Sophie Scholl zu malen.

Auslöser dafür waren die zunehmenden antisemitischen und rassistischen Verbrechen in unserer Gesellschaft, aber auch die antidemokratischen Tendenzen, die in vielen Ländern der Welt bis heute zu beobachten sind. Bestätigt wurde ich durch das, was wir im letzten Jahr beobachten konnten.

Seit Beginn der Pandemie wurde der Name Sophie Scholl mehrfach von sogenannten „Querdenkern“ missbraucht. Wir müssen verstehen, wer Sophie Scholl wirklich war und wofür sie stand, um zu verstehen, dass Menschen, die sich weigern einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, nichts mit ihr oder den Freiheitskämpfer*innen der „Weißen Rose“ gemein haben. Diese Freizeitrebell*innen können im heutigen Deutschland täglich unter Polizeischutz Unwahrheiten und Verschwörungstheorien verbreiten.

Das Einzige, was diesen Menschen droht, ist Widerspruch. Sophie Scholl und ihre Freunde wurden hingegen für das Äußern ihrer Meinung hingerichtet. Als ich mit meinem Projekt begann, war ich in dem Alter, in dem Sophie war, als sie hingerichtet wurde.

Sophie Scholl Portrait | OlisART (YouTube Account)

Gerade wir jungen Menschen müssen verstehen, dass viele vor uns für Rechte gekämpft haben, die wir heute als selbstverständlich hinnehmen. Wir müssen verstehen, dass unsere Stimme wichtig ist und dass wir sie benutzen müssen, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Eigentlich sollte meine Ausstellung „Fearless Women“ am heutigen Tag, dem 9. Mai, enden.

Doch dank all der positiven Rückmeldungen der Besucher, entschied man sich dazu, die Ausstellung bis in den Oktober zu verlängern. Ich lade Sie deshalb alle zu meiner Ausstellung in den Essener Grugapark ein, um sich selbst ein Bild von Sophie Scholl zu machen und um sich 17 Porträts furchtloser Frauen anzusehen.

Oliver Schäfer

Fiktive Gedanken eines Vaters vor der Hinrichtung seiner geliebten Tochter

Meine geliebte Sophie,

was ist bloß geschehen? Brutalstes Unrecht nimmt nun unaufhaltsam seinen Weg. Und ich…, hilflos…, rasend vor Wut, … gelähmt. Unfähig Dich zu schützen, meine geliebte Tochter. Dein gerechter Weg, den Du konsequent und den Tode sehend bis zum Ende beschritten hast, ist nun für Dich zu Ende. Ein Ende, gesetzt von denen, die Du durch Deinen Mut und Deine Klugheit entlarvt hast. Trauer erfüllt mein Herz und gleichsam Stolz. Stolz auf Deinen starken Charakter. Auch wenn Dein Wirken die Geschichte des deutschen Volkes ändern wird, so bin ich doch auch nur Dein Vater, der seine geliebte Tochter gehen lassen muss. Für immer. Für die Freiheit. Für die Gerechtigkeit.

So geh nun hin und erleuchte mein Herz. Für immer.

Detlef Zeich

100 Jahre Sophie Scholl

Am 9. Mai 2021 wäre Sophie Scholl, deren Namen unsere Schule seit 1989 trägt, 100 Jahre alt geworden. Leider war ihr kein langes Leben vergönnt: Im Alter von 21 Jahren wurde sie nach einem kurzen Prozess von den Nationalsozialisten am 22.02.1943 durch das Fallbeil hingerichtet. Ihr Bruder Hans sowie Christoph Probst folgten ihr auf dem Gang zum Schafott, Monate später auch die übrigen Mitglieder der Münchener Widerstandsbewegung „Die Weiße Rose“ Willi Graf, Alexander Schmorell und der Philosophieprofessor Kurt Huber. Da sie 1942/43 Flugblätter verfasst, verteilt und verschickt hatten, in denen sie zum Widerstand gegen Hitler und das nationalsozialistische Regime aufriefen, wurden sie wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat“ und „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt. Mittlerweile ist Sophie Scholl in ihrer Zivilcourage und ihrem Mut zu einer Ikone des Widerstandes geworden, dabei war sie durchaus eine widersprüchliche Persönlichkeit. Anfangs von den Ideen des Nationalsozialismus überzeugtes Mitglied beim „Bund Deutscher Mädel“, wurde sie später als Aktivistin gegen Hitler tätig. Immer stark vom Glauben geleitet, aber auch zweifelnd, schwankte sie oft zwischen Lebensfreude und Todessehnsucht. Das Bild von Oliver Schäfer in seiner Open Air Ausstellung „Fearless Women“ stellt diese Ambivalenz im Kontrast zwischen ernstem Gesichtsausdruck und lebensbejahender Farbigkeit künstlerisch dar.

Sophies Schwester Inge berichtet in ihrem Buch „Die Weiße Rose“ über den letzten Besuch der Eltern im Gefängnis sowie von der Hinrichtung:

Noch einmal sagte die Mutter: „Gelt, Sophie: Jesus.“ Ernst, fest und fast befehlend gab Sophie zurück: „Ja, aber du auch.“ Dann ging auch sie – frei, furchtlos, gelassen. Mit einem Lächeln im Gesicht. […]

Die Gefängniswärter berichteten: […] Sie ging, ohne mit der Wimper zu zucken. Wir konnten alle nicht begreifen, daß so etwas möglich war. Der Scharfrichter sagte, so habe er noch nie jemanden sterben sehen.

[Inge Scholl: Die Weiße Rose.(1955) Erweiterte Neuausgabe Frankfurt am Main, 9. Auflage 2001, S. 64 ]

Rita Glaser